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Beginn der Entscheidung

Gericht: Kammergericht Berlin
Beschluss verkündet am 02.11.2005
Aktenzeichen: 18 WF 192/05
Rechtsgebiete: ZPO


Vorschriften:

ZPO § 115 Abs. 1 S. 3 Nr. 4
Monatliche Ratenzahlungen auf eine Geldstrafe sind nicht als besondere Belastungen im Sinne des § 115 Abs. 1 S 3 Nr. 4 ZPO anzusehen, sondern aus dem zugebilligten Selbstbehalt zu erbringen.
Kammergericht Beschluss

Geschäftsnummer: 18 WF 192/05

In der Familiensache

hat der 18. Zivilsenat - Senat für Familiensachen - des Kammergerichts durch die Richterin am Kammergericht Steuerwald-Schlecht als Einzelrichterin gemäß § 568 ZPO am 2. November 2005 beschlossen:

Tenor:

Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen die Festsetzung von Ratenzahlungen in Höhe von 75,00 EUR im Beschluß des Amtsgerichts Pankow/Weißensee vom 21. September 2005 - 13 F 3188/96 - wird zurückgewiesen.

Gründe:

Die Antragstellerin begehrt mit der sofortigen Beschwerde die Herabsetzung der vom Amtsgericht auf 75.- EUR monatlich festgesetzten Raten und hält lediglich die Zahlung von 45.- EUR in Raten monatlich für angemessen. Das Amtsgericht hat bei der Festsetzung monatliche Raten in Höhe von 35.- EUR, die die Antragstellerin an ihre frühere Verfahrensbevollmächtigte zahlt, sowie weitere 100.- EUR monatlich, die die Antragstellerin auf eine Verurteilung zur einer Geldstrafe an das Amtsgericht Tiergarten zahlt, nicht als besondere Belastung berücksichtigt.

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet.

Die Zahlung monatlicher Raten auf eine Geldstrafe an das Amtsgericht Tiergarten ist keine besondere Belastung, die im vorliegenden Fall zu einer Herabsetzung der zu zahlenden Raten führt. Deren Berücksichtigung ist nicht zur Verwirklichung des sozialstaatlichen Gebots der Gleichstellung wirtschaftlich Starker und Schwacher im Rechtsschutzbereich geboten (so aber OLG Hamburg, FamRZ 2001, 235); sie soll nach der Auffassung des OLG Hamburg eine Form der Gewährung staatlicher Daseinsvorsorge darstellen und dient dem staatlichen Ziel, den Zugang zu den Gerichten jedermann in gleicher Weise zu eröffnen (so OLG Hamburg, a.a.O.).

Ein solches Ergebnis überzeugt jedoch nicht.

Prozesskostenhilfe ist eine besondere Form der Sozialhilfe. Danach ergibt zunächst ein Vergleich mit einem Sozialhilfeempfänger, der seinen Lebensunterhalt ausschließlich aus staatlichen Unterstützungsleistungen bestreitet, dass eine Absetzung von Ratenzahlungen auf eine Geldstrafe nicht gerechtfertigt ist (so auch AG Ludwigslust, FamRZ 2003, 1934). Der Tagessatz einer gegen einen solchen Sozialhilfeempfänger verhängten Geldstrafe wird nach der Höhe seiner Unterstützungsleistungen festgesetzt und er hat sie unter entsprechenden persönlichen Einschränkungen aus diesen zu begleichen, ohne dass seine Sozialhilfe deshalb etwa gemäß §§ 23, 27 I BSHG a. F. erhöht würde (AG Ludwigslust, a.a.O.). Demnach ist auch im Rahmen der Bewilligung von Prozesskostenhilfe davon auszugehen, dass Ratenzahlungen auf eine Geldstrafe von dem der Partei gemäß § 115 I S. 3 Nr. 2 ZPO zugebilligten Selbstbehalt in Höhe von derzeit 380,00 EUR mit abgedeckt sind. Der Verweis auf § 1 der RegelsatzVO zur Auslegung des Begriffes der besonderen Belastung i. S. des § 115 I S. 3 Nr. 4 ZPO dahingehend, dass all das, was nicht durch den Regelsatz gedeckt ist, als besondere Belastung anerkannt werden müsse (Zöller/Philippi, ZPO, 25. Aufl., § 115 Rz. 38), ist zu eng.

Ursache der Zahlungspflicht der Antragstellerin an das Amtsgericht Tiergarten ist eine strafbewehrte Handlung, die durch die staatliche Gemeinschaft jederzeit untersagt ist und nicht geduldet wird; es wäre nicht nachvollziehbar, wenn seitens des Staates aus diesem Grunde einerseits eine Geldstrafe gegen die straffällige Partei verhängt würde, sie gerade deshalb aber an anderer Stelle wieder eine Vergünstigung erhielte, in deren Genuss der gesetzestreue Bürger nicht kommt. Dies würde letztlich dazu führen, dass die Antragstellerin ihre Geldstrafe auf Kosten und zu Lasten der Allgemeinheit abzahlt. Dies kann nicht Sinn und Zweck der Prozesskostenhilfe sein, die zwar den Zugang zu den Gerichten erleichtern soll, nicht aber zugleich dazu führen soll, dass letztlich die Gesamheit der Steuerzahler die Geldstrafe tilgt. Die Absetzbarkeit von Ratenzahlungen auf eine Geldstrafe würde dann nämlich auch nicht mehr zu einer Gleichstellung einer wirtschaftlich schwächeren mit einer wirtschaftlich stärkeren Partei führen. Vielmehr wäre eine Besserstellung der straffälligen Partei, die von den üblicherweise anfallenden Vorschüssen auf Gerichts- und Rechtsanwaltsgebühren teilweise freigestellt wäre, gegenüber der gesetzestreuen Partei, die Raten in entsprechender Höhe zu zahlen hätte, gegeben. Dies kann aber auch nach Sinn und Zweck der prozesskostenhilferechtlichen Vorschriften seitens des Verfassungs- und Gesetzgebers nicht beabsichtigt gewesen sein (so auch AG Ludwigslust, a.a.O.).

Hingegen kann die Antragstellerin die Raten in Höhe von 35.- EUR monatlich, die sie an ihre frühere Verfahrensbevollmächtigte zahlt, als besondere Belastung absetzen. Die frühere Verfahrensbevollmächtigte hat die Antragstellerin in der Zeit von Juli 1996 bis Oktober 2002 im vorliegenden Verfahren vertreten. Prozesskostenhilfe ist der Antragstellerin aber erst unter dem 21. September 2005 bewilligt worden. Unter diesen hier gegebenen besonderen Umständen kann die Antragstellerin die Raten an ihre frühere Prozessbevollmächtigte als besondere Belastung geltend machen. Deren Berücksichtigung führt aber nicht zu einer Herabsetzung der angeordneten Ratenzahlung, wie die anliegende Berechnung zeigt. Die sofortige Beschwerde ist daher zurückzuweisen.

Ende der Entscheidung

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